Peter Brandl Newsroom

Man kann sich nicht nicht entscheiden.

Peter Brandl erklärt im Gespräch mit „WIRTSCHAFTS|zeit“, warum man sich nicht nicht entscheiden kann, wie wir entscheidungsfreudiger werden und warum es so wichtig ist, Fehler machen zu dürfen. 

Menschen verharren in unglücklichen Beziehungen, üben jahrelang einen ungeliebten Beruf aus und tun allerlei Dinge, die sie nicht mögen. Wie ist das zu erklären? Die Antwort des Autors und Kommunikationsexperten Peter Brandl lautet: Es ist eine Kunst ist, schwierige Entscheidungen zu treffen. Denn meistens weiß man erst später, ob die Entscheidung richtig war. Dadurch entsteht Angst und Unsicherheit.

Herr Brandl, in Ihrem neuen Buch schreiben Sie über die Schwierigkeit Entscheidungen zu treffen. Was macht es denn so schwierig, sich zu entscheiden?
Peter Brandl: Erstmal ist ja nicht jede Entscheidung schwierig zu treffen. Ob ich beispielsweise beim Bäcker dieses oder jenes bestellen soll, stellt keine Herausforderung dar. Dies verändert sich schlagartig, wenn es bei der Entscheidung um etwas geht. Denn das Schwierige an Entscheidungen ist, dass wir vorerst nicht wissen, was richtig ist und was folgt. Dadurch entsteht eine Unsicherheit, meistens auch Angst. Mit jeder Entscheidung, die wir treffen, ermöglichen wir etwas, aber gleichzeitig verlieren wir auch etwas. Die Angst, uns falsch zu entscheiden, bremst uns.

Das heißt, dass wir eine Entscheidung oft so lange aufschieben, bis der Leidensdruck zu groß ist?
Die Frage impliziert ein wenig, dass wir die Möglichkeit haben, uns zu entscheiden oder nicht zu entscheiden. Im Grunde genommen kann man sich nicht nicht entscheiden. Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Sie sitzen in einem Kaffee, am Nebentisch von Ihnen befindet sich eine Person, die sie attraktiv oder interessant finden. Jedenfalls würden Sie gerne mit ihr ins Gespräch kommen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Sie gehen zum Nebentisch und sprechen die Person an. Aber auch wenn Sie dies lassen, haben Sie eine Entscheidung getroffen. Irgendwann steht der oder die auf und geht. Beides hat Auswirkungen. Auch wenn es paradox klingt: Eine schlechte Entscheidung zu treffen, ist besser als gar keine Entscheidung zu treffen. Denn eine schlechte Entscheidung bringt mir schlechte Auswirkungen mit, die man eben auch gleich merkt. Dadurch erhält man die Möglichkeit etwas zu ändern, neue Erfahrungen zu sammeln und zu wachsen.Wir versuchen also das Risiko, das jede Entscheidung mitbringt, zu vermeiden?

Vielleicht erscheint es auf den ersten Blick komfortabler oder sicherer, wichtigen Entscheidungen aus dem Weg zu gehen oder diese aufzuschieben. Sich nicht zu entscheiden, bringt uns allerdings automatisch in die Opferrolle. Man gibt das Steuer aus der Hand. Statt selbst zu entscheiden, entscheiden die anderen oder die Umstände. Im schlimmsten Fall führt dies zu einer Katastrophe, sicherlich zur Stagnation. Wenn man den meisten Menschen sagt, dass ihr Leben in zehn Jahren genauso ausschaut wie heute, verfallen sie in blanke Panik. Dabei gestalten Entscheidungen oder Nicht-Entscheidungen schon heute die Zukunft.

(Quelle: www.wirtschaftszeit.at)