Peter Brandl Newsroom

Ohne Not ins Verderben! Was passiert, wenn Entscheidungen nicht getroffen werden?

19. März 2016: 62 Menschen sterben beim Absturz einer Boeing 737 der flyDubai nahe des russischen Flughafens Rostov.
Was war passiert? Das Wetter war relativ schlecht, vor allem gab es im Anflug starke Turbulenzen, so dass die Piloten entschieden, den Anflug abzubrechen und durchzustarten. Was danach folgte waren zwei Stunden in einer Warteschleife und ein zweiter Anflug. Aber auch dieser Anflug wurde abgebrochen und man startete wiederum durch. Kurz nach diesem zweiten Durchstarten verloren die Piloten offensichtlich die Kontrolle über die Maschine und das Flugzeug stürzte steil zu Boden und zerschellte.

23. Januar 2012: ein Schock geht durch Deutschland. Die Drogeriemarktkette Schlecker meldet Insolvenz an und in der Folge verlieren über 30.000 Menschen ihre Jobs.
Zwei dramatische Ereignisse, die nur auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben.

Jetzt möchte ich nicht darüber spekulieren, ob das in Rostov ein technischer Defekt oder ein Pilotenfehler war. Das werden die Untersuchungen klären. Genauso wenig möchte ich die Schlecker-Strategie bewerten. Auch das können andere besser. Für mich ist ein anderer Umstand interessant. Was geschah vorher? Was geschah vor dem Absturz, was vor der Pleite?

Verluste in dreistelliger Millionenhöhe – warum hat bei Schlecker so lange niemand auf die Probleme reagiert? Warum blieben die Piloten zwei Stunden in Warteposition. Zwei Stunden, in denen sie wertvollen Treibstoff verbrannten. Warum brachten Sie sich so selbst in Bedrängnis?
Eine Warteschleife ist nichts Ungewöhnliches. Jeder, der im Anflug auf Frankfurt schon mal eine halbe Stunde den Spessart aus der Luft gesehen hat, weiß was das ist? Es fliegen zu viele Flugzeuge gleichzeitig an, das Wetter ist zu schlecht, all das sind Gründe warum die Lotsen uns in eine Warteschleife schicken. Und all das ist auch sehr sicher. Es gibt aber eine zweite Komponente, die man beachten muss: den verbleibenden Sprit im Tank – und der wird immer weniger!
Grundsätzlich wird der Treibstoff immer so kalkuliert, dass man durchstarten und zu einem Ausweichflughafen fliegen kann. Außerdem muss dann noch zusätzlich eine Reserve von mindestens 45 Minuten im Tank sein. Man hat also alle Möglichkeiten offen.
Aber in keiner Flugvorbereitung geht man von zwei Stunden in einer Warteschleife aus, vor allem nicht, wenn der nächste geeignete Flughafen nur 40 Minuten entfernt ist.

Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung – leider nur mit einer fatalen psychologischen Komponente: ich tue nichts und deshalb kommt es mir so vor, als könnte mir auch nichts passieren. Am Anfang sind noch alle Optionen offen, doch je länger man in der Warteschleife bleit, um so weniger Optionen gibt es. Irgendwann muss man landen, und zwar da wo man gerade ist. Für ein Ausweichen fehlen dann schlicht die Mittel – beim Flugzeug der Treibstoff, im Unternehmen die Liquidität.

Es geht mir nicht um blinden Aktionismus. Häufig ist „Abwarten und Aussitzen“ durchaus eine sinnvolle Option. Machen wir uns aber bewusst, das Abwarten auch Konsequenzen hat. Wir verbrauchen Ressourcen, unsere Konkurrenz kann Ihre Position festigen, der Kommilitone holt sich den Job, auf den ich geschielt habe – all das passiert, auch wenn wir selbst nichts tun.
Es gibt eine alte Fliegerweisheit: Staying ahaed oft he aircraft – Sorge dafür, dass dich dein Flugzeug nie an eine Stelle bringt, wo du mit deinem Gehirn nicht schon vorher warst.
In einem Flugzeug ist es eindeutig – wir bewegen uns, und zwar schnell. Insofern ist es überlebenswichtig, permanent voraus zu planen. Doch wie ist das in einem Unternehmen, wie im eigenen Leben? Klar eine Zielplanung macht fast jeder. Aber schon bei worst case Szenarien sieht das Ganze anders aus. Hier werden oft die Augen verschlossen vor Dingen, die man lieber gar nicht erst sehen will.

Dabei könnte die Lösung relativ einfach sein: Erstellen Sie eine konkrete Zielplanung. Was genau wollen Sie erreichen. Wann wollen Sie es erreichen und in welcher Qualität oder Ausprägung? Erstellen Sie dann eine Riskobetrachtung. Was könnte passieren? Was könnte Sie abhalten? Welche Probleme könnten auftreten?
Als Drittes betrachten Sie nun noch Ihre Optionen und Alternativen. Welchen Plan B können Sie verfolgen, welche alternativen Optionen haben Sie?
Bis hierhin sind die meisten von Ihnen wohl schon gekommen. Entscheidend ist der letzte Schritt: Betrachten Sie jetzt alle Ihre Punkte unter dem zeitlichen Aspekt. Welche Ihrer Optionen sind zeitkritisch. Wie verändern sich Ihre Chancen und Risiken, wenn Sie nichts tun? Und wo kommt der Punkt, an dem Sie nicht mehr können, sondern müssen!

Eigentlich wieder nichts Neues. Und doch kann diese. Einfache Technik aus der Profi-Luftfahrt darüber entscheiden, wie Sie für die Zukunft gewappnet sind.