Peter Brandl Newsroom

Vorbereitung ist Vorsprung – warum Verkäufer einen Flugplan brauchen

Je mehr Du Dich am Boden plagst, desto weniger must Du in der Luft schwitzen

Eigentlich eine Banalität und doch …
Als Fluglehrer habe ich immer wieder zwei Arten von Flugschülern erlebt: auf der einen Seite die unerfahrenen, die Anfänger und dann die erfahrenen „alten Hasen“. Bei den Neulingen überwiegt die Begeisterung aber natürlich auch die Unsicherheit. Insofern kommen die dann mit Bergen von Unterlagen zum Flugplatz. Da ist alles genauestens geplant, von der Flugstrecke über das Wetter bis hin zu den abstrusesten Eventualitäten. Oft überraschen einen diese Novizen auch noch mit irgendwelchen Planungstools und Werkzeugen, von denen man selbst als erfahrener Fluglehrer noch nie gehört hat. Der Aufwand, den diese jungen Piloten und Pilotinnen betreiben ist immens.
Und dann gibt es die alten Hasen: Während der Neuling mindestens eine Stunde zu früh am Flugplatz ist, kommen die fünf Minuten zu spät. Wenn der Neuling einen extra großen Pilotenkoffer braucht, um alle seine Unterlagen und Pläne zu transportieren, haben die alten Hasen bestenfalls eine uralte Karte dabei. Auf dem Weg zum Flugzeug schauen sie dann nach oben zum Himmel und fragen den Fluglehrer, wie das Wetter wird.
Natürlich kann man jetzt darüber diskutieren, wie viel Vorbereitungsaufwand sinnvoll ist – als Fluglehrer war ich diese Diskussion allerdings leid und habe deshalb den Dingen ihren Lauf gelassen. Und es kam regelmäßig wie es kommen musste: schon nach kurzer Zeit entdeckte mein doch so erfahrener Pilot, dass eine veraltete Karte im Flugzeug genauso wenig bringt wie ein völlig veraltetes Navi im Auto. Da kommt plötzlich die Erkenntnis, dass das Wetter 150 km entfernt anders sein kann als am Startflugplatz. Und wenn dann noch irgendein winziges technisches Problem dazu kommt, artet plötzlich alles in Stress aus. Auf diese Art und Weise haben schon viele Flüge, die eigentlich nach Venedig oder Nizza führen sollten, schon nach einer knappen Stunde wieder am Heimatflughafen geendet.

Sie fragen sich, was das mit Verkauf zu tun hat?

Mit Verkäufern ist es häufig genauso wie mit Flugschülern und erfahrenen Piloten. Die Neulinge betreiben einen aberwitzigen Aufwand, um sich vorzubereiten. Da werden Präsentationen erarbeitet, Essays über den Kunden angelegt, Strategien entwickelt, usw. Und die alten Hasen: ich erlebe allen Ernstes immer wieder Verkäufer, die mir sagen, sie hätten nicht die Zeit, um sich auf ein Verkaufsgespräch intensiv vorzubereiten. Die sagen mir, dass sie Ihre Strategie dann während des Gesprächs situativ entwickeln und das Ganze würzen sie dann noch mit Sprüchen wie: „Je genauer man plant, umso heftiger erwischt einen der Zufall“.
Und dann sitzen sie plötzlich beim Kunden und alles läuft aus dem Ruder. Da fehlen wichtige Unterlagen oder der Kunde kommt „völlig überraschend“ mit neuen Fakten oder Einwänden. Und plötzlich ist alles Stress.

Natürlich bedeutet Vorbereitung Aufwand. Und der Aufwand muss in einem vernünftigen Verhältnis zum (potentiellen) Ergebnis stehen. Den gigantischen Aufwand unserer ersten Verkaufsgespräche können wir auf Dauer nicht durchhalten – müssen wir aber auch nicht. Als erfahrener, professioneller Pilot haben Sie eine klare Struktur, wie Sie einen Flug vorbereiten, und das unterscheidet Sie, nebenbei gesagt, von den Amateuren und Hobbypiloten. Sie haben ein klares Raster und eine klare Struktur. Allerdings ist professionellen Piloten auch bewusst, dass sie sich auf zwei Ebenen vorbereiten müssen – auf den konkreten Flug, der ansteht aber auch auf einer grundsätzlicheren Ebene, die alle möglichen Eventualitäten aber auch die persönliche, fliegerische Kompetenz umfasst.

Konkrete Vorbereitung – Die Sicht des Anderen

Übertragen auf den Verkäuferalltag muss also als erstes ein konkreter Flugplan für das anstehende Verkaufsgespräch, die anstehende Verhandlung entwickelt werden. Vor allem Anderen muss dafür das Ziel klar und eindeutig definiert werden. Klingt schon wieder so banal, allerdings habe ich mehr als einen Verkäufer erlebt, der auf die Frage, was sein Ziel beim anstehenden Kundetermin sei, geantwortet hat: „Mal schauen“.
Ganz ehrlich? Wenn Sie nur mal schauen wollen, wundern Sie sich bitte nicht, wenn Ihr Kunde verärgert ist. Wie viel Zeit wollten Sie mit fremden Menschen verbringen, die bei Ihnen mal schauen wollen.

Definieren Sie also genau, was Ihr Ziel für dieses anstehende Gespräch ist. Das kann der Abschluss sein, das kann aber auch Informationen geben oder das Festigen der Beziehung sein. In jedem Fall müssen Sie sich bei der Zielplanung aber überlegen, was der Nutzen Ihres Kunden von diesem Gesprächstermin ist. Das Sie Ihre Beziehung festigen wollen ist nachvollziehbar. Aber was ist mein Nutzen davon? Gespräche und Termine, aus denen Ihr Kunde keinen nachvollziehbaren Nutzen ziehen kann, werden eher als nervig und aufdringlich empfunden.

Konkrete Vorbereitung – Vorbereiten auf Argumente

Im zweiten, aber eben erst im zweiten Schritt geht es jetzt darum, Argumente vorzubereiten. Aber auch hier ist es wichtig zu unterscheiden, was sinnvoll ist, und was Ballast. In einem Flugzeug ist es offensichtlich: Alles, was Sie einbauen oder mitnehmen, kostet Energie. Jedes extra Kilo muss transportiert werden und macht sich am Ende beim Energieverbrauch bemerkbar. Insofern überlegt man natürlich was notwendig ist, bzw. ob man bereit ist den Preis für luxuriöse Annehmlichkeiten zu zahlen.

In Vertrieb oder Verhandlungen überlegen Sie bitte: Ist dieses Argument wirklich nötig oder ist es ein „nice to have“? Transportiert dieses Argument Kundennutzen oder ist es ein „Hobby“ von Ihnen? Bringt Sie das Argument Ihrem Ziel näher oder geht es eher um Vollständigkeit? Bei allen diesen Punkten denken Sie aber bitte immer vom Ende her. Und das Ende ist die Frage des Kunden: „Was habe ich davon?“

Wenn Sie diese Fragen im Vorfeld für sich klar beantworten, werden Ihre Gespräche deutlich effektiver verlaufen und Sie laufen deutlich weniger Gefahr, sich auf Nebenkriegsschauplätzen zu verzetteln. Und ganz nebenbei wird Ihr Kunde jedes Gespräch mit Ihnen als nützlich und als sinnvoll investierte Zeit erleben.

Vorbereiten auf Fragen

Aber es gibt einen Bereich, der noch wichtiger ist, als gute Argumente.
„Wer fragt, der führt“ – Sie allen kennen diese Aussage und ich vermute, Sie stimmen ihr zu. Sie alle wissen vermutlich auch, dass offene Fragen das Mittel der Wahl sind, um Gespräche zu führen. Doch wie viele Fragen stellen Sie wirklich und welche?
Da wird tatsächlich zu Beginn eines Gesprächs immer noch gefragt, ob man es gut gefunden hätte? Hallo? Selbst die kleinste Kategorie von Mietwagen hat inzwischen ein Navi? Das geht wirklich besser!

Und dann nimmt das Gespräch seinen Lauf. Während am Anfang noch brav die eine oder andere Frage gestellt wird, verändert sich das schlagartig, wenn Stress ins Spiel kommt. Beobachten Sie doch mal Ihre Kollegen. Was passiert, wenn die leicht unter Stress geraten? Am Anfang kommen nur noch geschlossene Fragen und dann: gar keine Fragen mehr – nur noch Aussagen!

Der Grund dafür liegt im Gehirn. Offene Frage werden von unserem bewussten Verstand gebildet. Und wie wir alle wissen, überlässt der das Feld unter Stress irgendwelchen Angirffs-, Abhau- oder Totstell-Strategien.

Wenn wir es also wirklich bräuchten, können wir gar keine guten offenen Fragen entwickeln.

Die Lösung: Vorbereitung!
Bereiten Sie offene Fragen vor! Entwickeln Sie für jede Phase Ihres Gesprächs, Ihrer Verhandlung ein Set offener Fragen. Welche Fragen können Sie in der Eröffnungsphase stellen, welch in der Präsenstations- oder Beratungsphase und welche Fragen in der Abschlussphase. Entwickeln Sie möglichst viele Fragen aber denken Sie daran: unter Stress steht Ihnen nur das zur Verfügung, was Sie vorher wirklich trainiert haben.

Training

Piloten gehen regelmäßig, immer wieder in den Simulator. Nicht weil wir unser Handwerk nicht beherrschen. Nicht weil wir davon ausgehen, morgen in eine Notsituation zu geraten, sondern weil konsequentes Training und damit Vorbereitung für Piloten einfach zur Professionalität dazu gehört.
Kein noch so professioneller Pilot wird sagen: „Ich hab diese Situation schon tausend mal erlebt, ich muss nicht trainieren“. Jeder Profi ist sich bewusst, das Training und Vorbereitung im Ernstfall den entscheidenden Vorsprung bedeuten.
Wie häufig trainieren Verkäufer? Wann haben Sie das letzte Mal mit einem Kollegen verschieden Gesprächssituationen durchgespielt? Wann haben Sie das letzte Mal konkretes Feedback eingeholt?

„Je mehr Du Dich am Boden plagst, desto weniger musst Du in der Luft schwitzen.“ Als Piloten gibt uns Training und Vorbereitung die entscheidenden Momente Vorsprung, um unter Stress die richtigen Entscheidungen zu treffen und so niemals von einer Situation überrannt zu werden. Im Verkauf und in Verhandlungen bedeutet Vorbereitung Vorsprung. Sie sind für alle Situationen gewappnet und können so Ihrem Kunden immer ein Stück voraus sein.

Peter Brandl